Rede Dr. Peter Engel (Präsident der Bundeszahnärztekammer) zur Eröffnung der Bundesversammlung der BZÄK im Rahmen des Deutschen Zahnärztetages am 09. November 2018 in Frankfurt am Main / Ausschnitt

„Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir werden an Nachhaltigkeit, Fortschritt und Erfolg gemessen, manchmal führt dabei auch Hartnäckigkeit ans Ziel: Genau vor einem Jahr, genau an dieser Stelle in meiner Rede vor der Bundesversammlung habe ich mich über die geringe Präsenz von Zahnärztinnen in unseren Organisationen beklagt und den Wunsch geäußert, dass sich mehr Kolleginnen für die Politik unseres Berufsstandes motivieren sollten.
Und ich hatte die Bitte an meine älteren Kollegen in den Gremien gerichtet, Plätze für weibliche und junge Zahnärzte frei zu machen. Wir sollten und wollen nicht noch eine Generation warten, bis unsere Kolleginnen und unser Nachwuchs die standespolitischen Herausforderungen und damit ihre eigenen Belange mitgestalten dürfen. Hier und heute kann ich Ihnen vermelden, dass sich innerhalb eines Jahres in dieser Sache Einiges, eigentlich viel bewegt hat.
Mehr Frauen in der Standespolitik: „Ein frischer, ja erfrischender Wind. Wir Senioren in den Gremien spüren ihn inzwischen auch“
Mit der Gründung des Verbandes der Zahnärztinnen haben sich die Kolleginnen eine Plattform geschaffen, auf der sie ihre Anliegen innerhalb unserer Standesorganisation und nach draußen artikulieren. Ich bin mir sicher: So schnell wurde noch nie ein Verband aus der Taufe gehoben. Und so schnell hat eine Neugründung selten ihre im Großen und Ganzen berechtigten Ansprüche angemeldet.


Diese Interessenvertretung ist wichtig, wenn wir uns die Fakten vor Augen führen:
– Nahezu die Hälfte unseres Berufsstandes ist weiblich.
– Mehr als zwei Drittel der aktuell Zahnmedizin Studierenden ebenso.
– Knapp zwei Drittel der Studienabgänger mit Examen sind Kolleginnen.
– Genau 63 Prozent der unter 35-jährigen unseres Berufsstandes sind Frauen.
Daher weht der Wind, ein frischer, ja erfrischender Wind. Und wir Senioren in den Gremien spüren ihn inzwischen auch. […]
Ob man unbedingt eine starre „Übergangs-Quote“ von 30 Prozent bei der berufsständischen Besetzung einführen sollte und später mehr, wie vom Verband der Zahnärztinnen bereits eingefordert, oder ob es nicht auch andere verbindliche Maßnahmen gibt, die den Anteil der Frauen in der Berufspolitik nachhaltig erhöhen, bleibt zu diskutieren.


Auf mich, liebe Kolleginnen können Sie jedenfalls zählen. Ich nehme mir jedenfalls heraus – sehr hartnäckig-, den Prozess einer Runderneuerung vor Jahresfrist angeschoben zu haben. Ich werde mich für Sie wie auch generell für den Nachwuchs organisatorisch im Sinne einer stärkeren personellen Repräsentanz in den Gremien und inhaltlich für eine stärkere Beachtung Ihrer Bedürfnisse in einer sich dramatisch verändernden Welt der Zahnmedizin einsetzen.
Und damit meine ich nicht nur die materiellen Probleme bei der Praxis- und Familiengründung. Oder die anders geartete Prioritätensetzung bei der Berufsausübung, nämlich zugunsten des erklärten Wunsches, mehr Zeit für Familie und Freizeit haben zu wollen und nicht, – wie wir alle derzeit – unsere Zeit mit Überstunden in der Praxis zu verbringen.
Strukturwandel: „Wir müssen uns verabschieden von der heilen Welt der Zahnmedizin“


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir dürfen nicht die Augen verschließen vor dem tiefgreifenden Strukturwandel, den wir derzeit standesweit erfahren. Wir müssen uns verabschieden von der jahrzehntelangen weitgehend heilen Welt in der Zahnmedizin. Wir alle spüren es doch tagtäglich, wie dramatisch sich unsere Zahnwelt, aber auch die soziologischen Strukturen hierzulande und weltweit verändern.